Gastbeitrag Skip to main.

Vorgehende Domainregistrierung kann später entstandenem Namensrecht auch bei zwischenzeitlicher Übertragung vorgehen
 
Erfolgt die Domainregistrierung bevor ein Dritter einen Anspruch aufgrund zwischenzeitlich entstandener Namens- oder Kennzeichenrechte auf den Domainnamen erhebt, so hat die Registrierung in der Regel Vorrang und Bestand.
 
Ob eine zeitlich vorgehende Registrierung allerdings auch dann einem grundsätzlich bestehenden Anspruch entgegengehalten werden kann, wenn die Domain nach der Entstehung des Namens- bzw. Kennzeichenrechts auf einen anderen übertragen wird, darüber hatte das Landgericht Köln zu entscheiden.
 
Was ist passiert?
 
Die Klägerin ist eine seit 2004 im Handelsregister eingetragene Firma für Küchengeräte und den damit verbundenen Handel, die im geschäftlichen Verkehr als abgekürzte Firmenbezeichnung einen Firmenbestandteil verwendet.
 
Der Beklagte ist seit dem 04.07.2008 Inhaber einer Internetdomain, die eben diesen Firmenbestandteil der Klägerin mit der Top-Level-Domain „.de“ verbindet. Gibt man den streitgegenständlichen Domainnamen im Internet ein, so wird man auf die Webseite „anonym.de“ weitergeleitet.
 
Die Klägerin sieht durch die Nutzung der Domian seitens des Beklagten ihr Namensrecht, das ihr an dem Firmenbestandteil aufgrund der Verwendung im geschäftlichen Verkehr zustünde, als verletzt an. Infolgedessen hat sie den Beklagten mit Schreiben vom 03.01.2017 dazu aufgefordert, die Domainnutzung zu unterlassen sowie den Verzicht auf den Domainnamen zu erklären.
 
Da der Beklagte die geltend gemachten Ansprüche zurückgewiesen hat, machte die Klägerin diese nun in einer Klage mit dem Ziel geltend, dass der Beklagte die Verwendung des entsprechenden Zeichens als Second-Level-Domain mit einer Top-Level-Domain „.de“ unterlässt und in die Löschung der Domain einwilligt.
 
Zu seiner Verteidigung führte der Beklagte an, dass die Domain am 20.12.1995 für eine 1993 gegründete Firma registriert wurde, deren Firmennamen ebenfalls die streitgegenständliche Abkürzung beinhalte und deren alleiniger Inhaber er gewesen sei. Die entsprechende deutsche Wortmarke wurde zwischenzeitlich gelöscht und die Domain am 04.07.2008 von der Firma auf ihn persönlich übertragen. Darüber hinaus gab er an, die an der Domain hängende E-Mail-Adressen seit beinahe 20 Jahren zu benutzten.
 
Die Entscheidung des Landgerichts Köln
 
Das Landgericht Köln konnte in seinem Urteil vom 19.12.2017 (Az.: 33 O 39/17) der Ansicht der Klägerin allerdings nicht folgen, da seiner Auffassung nach kein Anspruch auf Unterlassung oder Löschung zum Nachteil des Beklagten gem. § 12 i.V.m. § 1004 BGB oder aus einem sonstigem Rechtsgrund bestehe.
 
Gleichwohl erkannte das Gericht an, dass der Klägerin tatsächlich ein Namensrecht an der Bezeichnung zustehe, da es jedenfalls seit 2004 Bestandteil ihrer Firma ist. Auch die hinreichende Unterscheidungskraft bejahte das Gericht in diesem Zusammenhang. Darüber hinaus sieht es einen unbefugten Namensgebrauch aufgrund der Registrierung sowie Nutzung der streitgegenständlichen Domain seitens des Beklagten und eine damit verbundene Sperrwirkung für grundsätzlich gegeben an.
 
Allerdings folgten die Richter bei der Entscheidung der Vorgehensweise des Bundesgerichtshofs, welcher am 24.08.2008 (Az.: I ZR 159/05 – „afilias.de“) ein vergleichbares Urteil gefällt hat. Demnach kann – bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen – auch bei einem unbefugten Namensgebrauch die erforderliche Interessenabwägung zugunsten des Domaininhabers ausfallen.
 
Allerdings sah das Landgericht hier keinen gänzlich gleichgelagerten Fall. Denn die Domainregistrierung sei zwar ebenso wie beim Ausgangsfall des BGH vor Entstehung des Namens- oder Kennzeichenrechts der Klägerin erfolgt. Nichtsdestotrotz hatte hier nicht der Beklagte selbst die Domain registriert, sondern diese erst nach Entstehung der Rechte der Klägerin vom ursprünglichen Inhaber übertragen bekommen.
 
Als entscheidungsunerheblich erachtete das Gericht in diesem Zusammenhang die nicht erwiesene alleinige Gesellschafterstellung des Beklagten bei der ehemaligen Firma. Denn auch der BGH stellt in seiner Entscheidung auf einen anderen Umstand ab: Demnach kann eine Interessenabwägung schon dann zu Gunsten des Domaininhabers ausfallen, wenn der Dritte (hier die Klägerin) die Möglichkeit hatte, vor der Wahl seiner Unternehmensbezeichnung die Verfügbarkeit des entsprechenden Domainnamens zu prüfen. Da dieser zum Zeitpunkt der Gründung der Klägerin bereits vergeben war, wäre ihr ein Ausweichen auf ein anderes Kennzeichen möglich und insbesondere auch zumutbar gewesen.
 
Ausgehend hiervon sah das Landgericht keinen gravierenden Unterschied zum vorliegenden Verfahren, denn die Domain bestand jedenfalls zum Zeitpunkt der Entstehung der Rechte Klägerin bereits, wenn auch mit einem anderen Inhaber. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Domain zwischenzeitlich auf den von der Firma zu unterscheidenden Beklagten übertragen oder derzeit nur zur Weiterleitung benutzt wurde. Der Klägerin wäre es nämlich möglich gewesen, diese Übertragung durch einen Dispute-Eintrag zu verhindern – davon hat sie aber ganz offensichtlich abgesehen.
 
Etwas anderes könnte sich wiederum nur dann ergeben, wenn die Domain rechtsmissbräuchlich registriert wurde, etwa weil mit der Registrierung ein gewinnbringender Weiterverkauf angestrebt werden sollte. Einen solchen Fall konnte das Landgericht Köln hier allerdings gerade nicht feststellen.
 
Fazit
 
Es zeigt sich einmal mehr, dass grundsätzlich eine zeitlich vorangehende Registrierung einer Domain einem später entstehenden Namens- bzw. Kennzeichenrecht vorgeht und Bestand hat. Ausganspunkt hierfür ist, dass dem Domaininhaber zu Gute gehalten wird, dass er, da die Registrierung zeitlich gesehen eher erfolgte, nichts von künftigen Namens- oder Kennzeichenrechten wissen konnte.
 
Neu ist allerdings, dass sich auch derjenige, der die Domain zwischenzeitlich – also nach Entstehung der Namens- bzw. Kennzeichenrechts und vor der Geltendmachung eines Anspruchs – erworben hat, unter Umständen auf diesen Vorrang berufen kann. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, dass jedenfalls der Registrar und ursprüngliche Domaininhaber ein eigenes Kennzeichenrecht inne hatte.
 
Die vollständige Urteilsbesprechung finden Sie unter:
 
https://www.kanzlei.biz/vorgehende-domainregistrierung-kann-spaeter-entstandenem-namensrecht-auch-bei-zwischenzeitlicher-uebertragung-vorgehen-lg-koeln-19-12-2017-33-0-39-17/

Rechtsanwalt
Hagen Hild
Fachanwalt IT-Recht